Schaut man sich so in der Bikepacking-Welt um, dann fällt auf, dass es oft so eine Art Boutique-Ding ist.
Vorwiegend kleine Firmen vertreiben exquisite Ausrüstung, wobei Rahmen und Kompletträder in der Regel aus Taiwan kommen, wie so ziemlich jeder hochwertige Serienrahmen.
Dagegen spricht auch überhaupt nichts, die Taiwanesen haben den industriellen Rahmenbau perfektioniert und es ist nicht nur so, dass sie billiger produzieren, nein, auch das Ergebnis ist über jeden Zweifel erhaben. Meist ist durch industrielle Fertigungstechnologien die Qualität sogar noch höher als die eines handgefertigten Rahmens von einem Rahmenbauer. Dafür ist der Rahmen des Rahmenbauers ein Unikat.
Dennoch: 700 Euro und mehr für ein Set aus Rahmen und Gabel ist erst mal eine Ansage und wenn’s dann noch ein hochwertiger Markenstahl oder eventuell sogar Titan sein soll, dann liegt man schnell bei deutlich 1.500 Euro und mehr.
Keine Frage, das sind schöne Teile und wer hätte nicht auch gerne eins, aber oft lässt es das Budget nicht zu und die andere Sache ist eben die: wer will sich schon jedes Mal Sorgen machen wenn der »zweirädrige Mercedes« unbeaufsichtigt vorm Supermarkt steht, während man einkauft… – das ist Stress pur, das muss nicht sein.
Auf der Suche nach einem Rahmen der weitestgehend meine Anforderungen aus Teil 1 erfüllt, bin ich sozusagen auf einen »Rohdiamanten« gestoßen:
Ein CUBE LTD, Modell 2014, im Restbestandsabverkauf für nen knappen Hunni, inklusive Versand.
Leider gab es den nur noch den 23″, 21″, also mit einem etwas kürzeren Oberrohr wäre mir lieber gewesen, aber bei dem Preis kann und muss man ein Auge zudrücken. Im Zweifel wird er mit einem kürzeren Vorbau gefahren, ultrakurze Vorbauten sind ja dieses Jahr ohnehin wieder in Mode.
Grundsätzlich finde ich, ganz persönlich, ist CUBE nicht die allercoolste Marke der Welt. Das muss sie auch nicht sein wenn die inneren Werte stimmen. CUBE ist grundsolide und im Sinne von „Buy Local“ ein deutsches Produkt, so steht es zumindest auf dem Rahmen: Designed & Engineered in Bavaria.
Was mir grundsätzlich nicht so gefällt – aber damit ist Cube nicht alleine, ist die Race-orientierte Farbgebung. Allerdings ist der mattschwarze Rahmen eher dezent, geradezu langweilig, und, um dem ganzen vorzugreifen, fertig aufgebaut ist die Farbgebung mehr als erträglich. Eine solche Farbgebung hat zudem aber noch den Vorteil, dass sie, auch wieder entsprechend meinen Anforderungen, unauffällig ist und damit weniger zum Diebstahl einlädt.
Was mir wiederum sehr gut gefällt – vom Engineering-Standpunkt aus betrachtet, ist, dass der Rahmen so ziemlich alle „Boxes tickt“ was man so an einem Bikepacking-Bike haben will.
- 29er
- kurze Kettenstrebe
- Befestigungen für Gepäckträger
- Tendenziell flacher Lenkwinkel
- Niedriges Tretlager
- Entspannte Geometrie für lange 100/120mm Federgabel
- Freiheit für 2,35″/2,4″ Reifen
- 68 mm BSA Innenlagergehäuse
- Verhältnismäßig geringes Gewicht (~2400 g/23″)
Aber, wo Licht ist ist auch Schatten, wenn auch nur wenig:
- Konzipiert für offene Kabelverlegung
- Tapered (konische) Gabelschäfte nur möglich mit externem unterem Lager (kein wirklich großes Problem)
- Einschränkung in der Kettenblattkonfiguration wegen Direct Mount Umwerfer
Die Geometrie
Größe | 23″ | |
---|---|---|
1 | Steuerrohrlänge: | 140 mm |
2 | Lenkwinkel: | 70° |
3 | Sitzrohrlänge: | 565 mm |
4 | Sitzwinkel: | 73° |
5 | Kettenstrebenlänge: | 438 mm |
6 | Oberrohrlänge: | 606 mm |
7 | Oberrohrlänge (effektiv): | 630 mm |
8 | Tretlagerabsenkung: | 60 mm |
Die Geometrie kurz erklärt
Kurze Kettenstreben sorgen dafür, dass das Rad in Kurven wendiger ist, wohingegen ein flacher Lenkwinkel für stabilen Geradeauslauf sorgt. 70° ist jetzt nicht wirklich superflach – superflach wäre 68° und weniger, aber deutlich flacher als bei vielen anderen Rahmen.
Die Tretlagerabsenkung von 60 mm sorgt dafür dass man „im“ Rahmen sitzt, was ein tolles Fahrgefühl und mehr Kontrolle gibt.
Der Sitzwinkel von 73° ist auch nicht super flach, aber ich komme damit gut zurecht. Steiler dürfte es nicht sein, denn dann kommt der Sattel weiter nach vorne ich habe relativ lange Oberschenkel und muss den Sattel ohnehin immer fast ganz zurück schieben. Wesentlich flacher sollte aber auch nicht sein, sonst sitzt man zu weit hinten und der Lenker ist noch weiter weg, ich denke alles zwischen 72° und 73° ist für die meisten Menschen gut.
Tipps für’s Sizing
Grundsätzlich schau ich mir Rahmen im Hinblick auf die richtige Größe immer in dieser Reihenfolge an:
- Wie tief ist Tretlagerabsenkung?
- Wie groß sind Sitz- und Lenkwinkel?
- Wie kurz ist die Kettenstrebe?
- Wie lange ist die Gabel, d.h. wie hoch kommt der Lenker?
- Ist das Oberrohr bei meiner Wunschgröße eher lang oder kurz?
Weitere praktische Features des CUBE LTD 2014 Rahmens
- Ermüdungssichere, steife, leichte AL 6061 Legierung
- Gewichtsparender Naßlack (ich bin kein Pulver-Fan)
- Kettenstrebenschutz und Unterrohrschutz (Sticker)
Weiter demnächst mit Teil 3 …