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Dartmoor Primal 29er Trail Hardtail Aufbau

Rechtzeitig auf den Winter hin hab ich mir ein neues Bike aufgebaut – ein Dartmoor Primal 29er Trail Hardtail. Und das kam so: eigentlich war ich ja sehr zufrieden mit meinem Low Budget Bikepacking Bike das ich dann in ein Trailbike umgebaut hatte. Aber es hatte auch so ein paar Nachteile:

  1. Überstandshöhe – Oberrohr zu flach abfallend – zu wenig Freiheit im Schritt
  2. Kein 110/18mm Boost-Standard sondern 100/135mm Schnellspannernaben
  3. Lenkwinkel zu steil bestenfalls ~ 68,5°

Alles an sich nicht dramatisch, und wäre ich nicht zufällig im MTB-Forum auf einen „Trail 29er“ Aufbau-Thread gestoßen, dann hätte ichs wohl nicht gemacht.

Trail 29er

27,5/650B ist zur Zeit der absolute Favorit der Fahrradindustrie, und es ist auch klar zu sehen warum: 29″ und 26″ , da liegt 27,5″ genau dazwischen – sozusagen, „Best of both Worlds“ (Wir vernachlässigen an dieser Stelle mal das 29er Marketing, d.h.dass 29er im Felgendurchmesser 28″ bzw. 622mm entsprechen …).

Aber, mit 1,90 m fühle ich mich mit einer 29er Geometrie am Wohlsten denn die 29er Geometrie hat bzw. erlaubt eine größere Tretlagerabsenkung, und damit sitzt man sitzt mehr „im“ Rahmen. Bei 26 Zoll hat man als großer Mensch das Gefühl man sitzt „drauf“ und muss sich weit runterbeugen.

Problem: trail-orientierte 29er gabs bis vor Kurzem nur in vollgefedert. Da hab ich zwar nichts dagegen, aber für meine Zwecke ist es bzw. war es bis jetzt meist zuviel des Guten, und bei Preisen jenseits der 2500 Euro Marke auch jenseits des Budgets das ich gewillt bin für ein Fahrrad auszugeben.

Exoten: 29er Hardtails mit Trailgeometrie

Hardtails mit Trailgeometrie, also vor allem mit einem flachen, „slacken“ Lenkwinkel um 65/66° Grad langem Federweg und kurzem Hinterbau waren bis vor kurzem noch Mangelware. Dachte ich zumindest, bis ich auf besagten Thread stieß.

Dort ging es primär um einen Aufbau basierend auf einem Octane One Prone Rahmen.

Aha, dachte ich, interessant, da tut sich was. Hab‘ dann auch gleich mit dem Gedanken gespielt mir einen zu kaufen, denn der Rahmen ist auch noch preislich attraktiv. Ich habe dann aber doch Abstand davon genommen, da mir der Sitzwinkel zu flach war (lange Oberschenkel – auch das noch …). Hätte ich die Gabel übernommen wäre diese mit 120 mm für die Geometrie doch sehr kurz gewesen, das Oberrohr war mir auch nicht flach genug, der Hinterbau hatte nur 142 mm Boost und insgesamt fand ich es doof hinten Boost und vorne 9mm Schnellspanner zu fahren. Also wenn dann richtig.

Aber, ich erfuhr auch, dass es auch noch andere, auch preislich interessante, Rahmen gibt: den NS Bikes Eccentric, den Nukeproof Scout 290 und den Dartmoor Primal 29er.

Der Eccentric war nirgends lieferbar, dummerweise der Nukeproof auch nicht. Den Nukeproof hätte ich gerne gehabt, da ich die Marke ziemlich cool finde, allerdings hatte der 2018er vergleichsweise lange Kettenstreben. Also wurde es der DARTMOOR Primal 29.

Dartmoor hatte ich irgendwie als „etwas uncool“ abgespeichert, aber mich auch nie wirklich mit der Marke beschäftigt. Das tat ich dann und fand raus, dass sie genauso wie Octane One und NS Bikes polnisch ist. Ja, ich muss sagen, die Polen sind was sowas angeht schon innovativ. Wahrscheinlich viel innovativer als die Deutschen, zumindest wenn es darum geht schnell Trends aufzugreifen und was auf den Markt zu werfen.

Der Dartmoor Primal 29er Rahmen

Auch der Dartmoor Primal 29 Rahmen ist nicht ganz so einfach zu bekommen, jedenfalls nicht in grün/orange und der populären Größe L. Die mattgrüne Optik mit dem orangen Schriftzug find ich super, und sieht in echt auch genauso gut aus wie auf den Bildern. Der glossy schwarze Rahmen war mir hingegen zu funky, aber im schlimmsten Fall hätte ich auch den genommen wenn der Grüne partout nicht lieferbar gewesen wäre.

Highlights

Highlights des Rahmens sind die hochwertige Verarbeitung, der innen verlegte Schaltzug und der schön zu verlegende Bremszug (ich fahre ja mechanische Bremsen …). Das einfädeln der Zughülle ist etwas Frickelarbeit, ging dann jedoch besser als gedacht. Eine Lichtquelle – Taschenlampe o.ä. und ein Draht, eine Speiche, Schraubenzieher o.ä. zum „rausfischen“ der Zughülle sind nützlich.

TIPP: Wenn es gar nicht geht, bindet man einen Faden an einen Schaltzug, führt diesen ein und saugt ihn mit dem Staubsauger dann raus. Dann zieht man das Kabel vorsichtig durch und schiebt nun die Zughülle drauf und durch.

Das Sitzrohr ist oben SEITLICH geschlitzt, anstatt hinten. Dass ich das noch erlebe – seitlich oder vorne – so muss das sein! Wie viel Gehirnschmalz braucht man als Ingenieur um zu erkennen, dass das besser ist als hinten, wo ständig Dreck und Feuchtigkeit in den Schlitz gespritzt wird? Danke also dafür!

Wermutstropfen: der Abschluss oben war zumindest an meinem Rahmen nicht präzise gearbeitet, so dass ich zunächst die Sattelklemme nicht drauf bekam. Ein Lappen, eine Rohrzange und etwas Umsicht schafften aber schnell Abhilfe.

Die Gabel – eine Reba RL 150mm

Angefangen hatte diese Aufbau Story eigentlich konkret damit, dass ich günstig an eine 150mm RockShox Reba RL mit 15mm Steckachse und 110mm Boost gekommen bin. Zur Reba RL muss man eigentlich nicht viel sagen, leicht, gut einstellbar, gutes Fahrverhalten, allseits beliebt.

Aufbau des Rahmens

Der voll-integrierte Ritchey Steuersatz für 20 Euro war schnell und ohne einpressen eingebaut. Sehr praktisch wenn man Lager nur noch einlegen und nicht mehr einpressen muss. Für den 1,5″ Gabelkonus hatte ich kein Werkzeug, also hab ich ihn kurzerhand mit der Säge geschlitzt. So geht er leicht drauf und auch wieder leicht runter.

Da die Gehäusebreite beim alten Rad 68 mm war und beim neuen 73 mm ist, brauchte ich ein neues Innenlager. Da ich (immer noch) Vierkant fahre wurde es wieder ein BB-UN55, günstig, und überlebt jedes HT-Lager um ein Vielfaches. Die Frage war nur welche Achsbreite?

Ausgehend von dem alten, 68/113 bei 135mm Hinterachsbreite, bei der die Kettenlinie ca. in der Mitte der Kassette lief hätte ich ein 73/118er gebraucht um grob die Kettenlinie beizubehalten, da die Flansche bei 148mm breiten Hinterachsen 6 mm weiter auseinander stehen, also 3 mm auf jeder Seite.

Allerdings ist es suboptimal wenn bei 1x-Antrieben die Kettenlinie genau in der Mitte verläuft. Besser ist, sie verläuft weiter innen und somit die Kette in den kleinen Gängen wo viel mehr Zug auf ihr lastet weniger schräg läuft, denn wenn sie in den großen Gängen dafür noch schräger läuft ist das nicht schlimm, denn es ist ja kaum Zug drauf. Darum wurde es das 73/113er Innenlager – die Theorie gab mir in der Praxis recht.

Kettenlinie
Kettenlinie

Der Vorbau ist jetzt ultrakurz, nur noch 32 mm, wie sich das für ein Trailbike gehört. Optisch gibt es zwar schönere als die China-Vorbauten, dafür war dieser mit ~ 11 Euro preislich konkurrenzlos günstig. Und viel mehr kann man dazu auch nicht sagen – er ist stabil und tut was er soll.

Als Lenker hab ich den alten Procraft genommen der nur 700 mm breit ist. Fühlte sich am Anfang etwas schmal an wenn man einen 740er gewohnt ist. Nur leider war dieser flach, also ohne Rise, gut für das alte Bike aber nicht so für das. Hmm, mal sehen, vielleicht bringt der Nikolaus ja einen Breiteren …

Ansonsten: Bremsen und 9x XT-Schaltung wie gehabt übernommen.

Laufräder

Selbstredend habe ich meine Laufräder wieder selbst gebaut. Zuerst hab ich mir überlegt, ob ich die alten Laufräder zerlegen soll um keine neuen Felgen kaufen zu müssen, dachte dann aber es wäre schade drum, darum hab ich sie verkauft. Den Preis der Teile habe ich wieder reingeholt, der Spaß des Laufräder bauens und sie ein paar Tausen km zu waren war umsonst. 😉

Beim Laufradbau hatte ich diesmal allerdings das Problem, dass die Naben Hohlachsen hatten, und damit nicht so ohne Weiteres in meinen selbstgebauten Zentrierständer passten (siehe hier bzw. wer sich einen zulegen möchte, hier: zentrierstaender.info). Und zwar hatten sie vorne einen Durchmesser von 15 mm und hinten von 12 mm. Frage: wie bekomme ich die nun in meinen Zentrierständer? Darüber hab ich bestimmt ziemlich lange nachgedacht, und die Lösung war letztlich dann total einfach.

Steckachsadapter, selbstgebaut

Und zwar so: man gehe in den Baumarkt kaufe in der Schraubenabteilung eine M12 Gewindestange und 4 Muttern (Flügelmuttern waren ein Fehlkauf, normale sind besser und billiger). Dann gehe man in die Heizungsabteilung wo es allen möglichen Kupferrohrkram gibt und finde zwei kurze Rohrstücke mit 12mm Innendurchmesser. Anschließend kaufe man noch ein Elektroklebeband, sofern man so was (Tesa geht auch) nicht schon zuhause hat.

Für die 12 mm Hinterachse reicht die Gewindestange ohne weitere Modifikationen perfekt aus. Für die 15 mm Vorderachse muss man die Gewindestange allerdings den Durchmesser mit den Kupfer-Fittings und 2-3 Lagen Elektroklebeband etwas vergrößern damit sie sauber ohne Spiel reinpassen. Ich war faul und habe das Klebeband so gewickelt, dass es auf der Gewindestange anfängt und so das Fitting an Ort und Stelle hält. Nicht bombensicher, aber ausreichend. Wer will kann sie natürlich auch mit etwas Zweikomponenten Epoxy o. ä. auf die Gewindestange kleben.

MYOG Steckachsenadapter
MYOG Steckachsenadapter

Felgen

Als Felgen habe ich mich wieder für 32-Loch DT Swiss E 512 entschieden. Meiner Meinung nach der beste Kompromiss aus Breite, Preis und Gewicht. Dazu ultra stabil, gut zu zentrieren und Tubeless Ready. Als Speichen habe ich wie immer DT Competition in Silber und 12 mm DT Messingnippel verwendet.

Warum?

Alunippel sind teurer und filigraner – die paar Gramm Gewichtsersparnis an den Speichennippeln lohnen sich meiner Meinung nach nur wenn man es konsequent betreibt. Konsequent heißt: ein Vorderrad mit weniger Speichen, 28 oder so, aber da es die Naben praktisch nur in 32 Loch gibt erübrigt sich die Frage. Dann gäbe es noch DT Prolock Nippel mit „eingebauter“ Sicherung gegen losdrehen. Die kosten natürlich deutlich mehr, das Feature brauche ich aber nicht.

Ich bin jahrelang gut mit DT Spoke Freeze gefahren (günstigere Alternative: Schraubensicherung – wichtig: mittelfest, sonst bekommt man sie nicht mehr auf!). Ist mir aber ausgegangen, darum erfolgt der Laufradbau diesmal ganz Oldschool mit Leinöl, das dann (hoffentlich) verharzt und so für Sicherung der Gewinde unter Beibehaltung der Zentrierbarkeit sorgt.

Update 20.20.2020: Mit den Laufrädern ist immer noch alles super, ich nehm zukünftig nur noch Leinöl, das hab ich seit geraumer Zeit eh immer Haus denn es enthält auch viel gesunde Omega 3 Fettsäuren, die sonst hauptsächlich nur in fettem Meeresfisch zu finden sind (siehe hier).

Reifen und Schläuche

Hier kommen wieder die bewährten Conti X-King in 2,4″ in Verbindung mit den leichteren Schwalbe Standard SV13 Schläuchen zum Einsatz. Wer dann noch 26er Schläuche statt 29er nimmt kann noch ein paar Gramm sparen und hat dann so gut wie keinen Gewichtsnachteil mehr gegenüber Tubeless mit Milch.

Tubeless

Apropos Tubeless: da wird viel philosophiert. Ich habe damals am Fatbike meine Erfahrungen mit Tubeless gesammelt und am Fatbike macht es auch wirklich Sinn, denn jedes Gramm weniger erhöht hier den Fahrspass. Bei einem „normalen“ Mountainbike sehe ich die Notwendigkeit eher nicht, außer man hat regelmäßig mit Dornen oder Durchschlägen zu tun.

Hab ich aber nicht. Ein (1) Platten pro Jahr im Schnitt, da lohnt sich der Aufwand kaum. Auch das Argument „des leichter Rollens“ ist relativ – am Fatbike hatte ich anfangs auch den Eindruck, dass es leichter rollt, man gewöhnt sich aber schnell dran und nimmt es dann praktisch nicht mehr wahr. Es ist auch nicht so, dass man plötzlich den Berg hochflöge – höchstens aus Euphorie, dass die Reifen endlich dicht sind 😉

Es rechtfertigt meiner Meinung nach aber den Aufwand nicht, und der ist initial doch nicht ganz unwesentlich. Und auch das Argument mit dem Anpassen des Luftdrucks hinkt: oben Luft ablassen und unten wieder aufpumpen? Mal ehrlich, wer macht das? Bei einem normalen MTB? Wie oft?

Update 20.02.2020: was schert mich mein Geschwätz von gestern … ich hatte noch Milch im Keller und was soll ich sonst mit der angefangen Flasche machen? Also rein damit! Und wenn man es richtig macht, dann klappt bei normalen Reifen sogar mit ner Standpumpe auf’s erste Mal.

So geht’s:

  • Felge mit Bremsenreiniger fettfrei machen
  • Tubeless Felgenband aufkleben und Ventilloch frei schneiden/-brennen
  • Reifen nochmal mit Schlauch montieren und aufpumpen. Am besten über nacht so stehen lassen
  • Luft ablassen, Reifen-Felge-System auf EINER Seite öffnen, Schlauch entfernen
  • Tubeless-Ventil einbauen und Milch einfüllen
  • Reifen auf dieser Seite wieder korrekt montieren
  • Aufpumpen auf 4 bar, Rad schütteln und drehen um die Dichtmilch zu verteilen, fertig.

Praxistest – Wie fährt sich’s denn nun?

Ja, da war ich echt gespannt, schließlich ist es letztlich auch „nur“ ein Fahrrad. Dramatische Unterschiede trotz anderer Geometrie wird es nicht geben ist ja schliesslich auch ein 29er wie sein Vorgänger – oder doch?

Nun, die Reba-Federgabel ist doch noch eine andere Nummer als die Rock Shox 30 Gold RL, die man durchaus auch als Geheimtipp handeln kann. Der ultrakurze Vorbau macht das Lenken sehr direkt, und 65 mm Tretlagerabsenkung (bei einer 150 mm Federgabel) sorgt bei mir für eine sehr angenehme Sitzposition und gutes Bike-Handling. Da der Rahmen auch die Montage von Teleskopsattelstützen mit integrierter Ansteuerung zulässt, die Preise steitg fallen und es mittlerweile auch welche (wenn auch wenig) mit Versatz nach hinten gibt, wäre das noch eine sinnvolle Upgrade-Option …

Alles in allem bin ich mit dem Setup aber auch gerüstet, sollte mir mal geschickt ein Fully-Rahmen über den Weg laufen, beispielsweise der Bluebird 29er, das Trail-Fully-Pendant des Dartmoor Primal 29er Trail Hardtails.

Wer Interesse an den Teilen vom alten Bike hat, die gibt’s in der Bucht, hier:

Wer sich auch für den Primal 29 Rahmen interessiert – den gibt’s beispielsweise bei 26bikes.

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