Drei Monate Fatbike-Besitzer - so sieht's aus

Drei Monate Fatbike-Besitzer – so sieht’s aus

Ja, ich geb‘ es ja zu: als ich mir nach langem Ringen Ende 2014 ein Fatbike kaufte war das schon ein Stück weit ein Lustkauf. Zwar fand ich Fatbikes von Anfang an spannend, da sie etwas kindlich-verspieltes haben, ich sah aber auch viel Potenzial in diesem Fahrradtyp: Spaß, Expeditionen, dort hingehen wo noch kein anderes Fahrrad vor ihm hinging …

Aber brauchte ich es wirklich? In Deutschland? Schließlich haben wir hier im Raum Stuttgart ziemlich wenig Wüste, so gut wie keine Strände und noch weniger Schnee. Also jedenfalls keinen von der Sorte der in Alaska die Geburt dieser neuen Fahrradgattung auslöste.

Aber dann dachte ich: ach, scheiß‘ drauf, man muss auch ab und zu mal was Unvernünftiges tun.

Um es gleich mal vorweg zu nehmen: Fatbike fahren kann ziemlich anstrengend sein. Ja, die voluminösen reifen fordern ihren Tribut, aber noch anstrengender ist es, dass sie nach wie vor ein ungewohntes Bild auf Deutschlands Straßen und Waldautobahnen darstellen, und dementsprechend fallen auch die Reaktionen aus:

Kleine Kinder bemerken das Rad mit den dicken Reifen sofort, reagieren entweder mit Begeisterung oder verstecken sich ängstlich hinter ihren Müttern die den Fahrer des Gefährts mit dem ohrenbetäubenden Abrollgeräusch interessiert mustern, während die Väter ihn nur eines argwöhnischen Blicks würdigen: „Scheiße, der Zweirad-SUV ist ja viel cooler als mein Porsche Cayenne …“

Das Ganze geht sogar soweit, dass selbst Rentner die kaum noch durch irgendwas aus der Ruhe zu bringen sind beim Anblick der fetten Reifen leuchtende Augen bekommen.

Abgesehen davon muss ich sagen, dass ich, rein was die Optik angeht, normal-große, also 26″ Mountainbike-Laufräder bei meiner Größe schon immer etwas unterdimensioniert fand.

Einige weitere Überlegungen die ich hatte: ich wollte das ultimative „ein für alles“-Rad mit möglichst wenig Wartungsaufwand, d.h. ein robustes, ungefedertes, tourentaugliches MTB.

Und wurden meine Erwartungen erfüllt?

Sie wurden sogar übertroffen!

Schnee

Zugegeben, viel Schnee lag auch diesen Winter nicht, aber Radfahren bei 10-20cm Neuschneeauflage rockt mal so richtig! Und es funktioniert erstaunlich gut. So gut, dass man fast vergisst auf Schnee zu fahren.

Klar, es ist natürlich etwas anstrengender, aber mit Normalbreiten Reifen könnte man oft gar nicht fahren. Davon abgesehen haben die dicken Niedrigdruckreifen ordentlich Grip, auch beim Bremsen, man fährt also wirklich so wie auf Asphalt, nur eben in Zeitlupe. Vorsicht ist allerdings geboten auf festgetretenen Wegen mit Neuschneeauflage – die haben Potenzial für Stürze beim Bremsen und schnellen Manövern, wie eben wenn man als Fußgänger unbedacht solche Stellen betritt.

Asphalt

Geschlossene Straßendecken sind nicht die Domäne des Fatbikes, jedenfalls nicht mit grobstolliger Winter-/Trailbereifung.

Meine Veetire Snowshoes sind, wie der Name schon sagt, Schneereifen, und daher nicht dafür konzipiert leise und schnell auf Asphalt zu rollen. Aber bei um die 100+ Euro pro Reifen wechselt man die nicht mal eben schnell gegen welche mit asphaltfreundlicherem Profil aus.

Es hat aber auch seine Vorteile – man braucht keine Klingel und Leute gehen von selbst aus dem Weg wenn sie „etwas Mächtiges“ heranrollen hören…

Trails und Schotter

Am Anfang hab ich es gar nicht so wahr genommen und war sogar mäßig enttäuscht von der Performance, die, wenn man sich an das Gefährt gewöhnt hat und regelmäßig fährt, gefühlt kaum anders war ist als mit einem normalen MTB.

Ich muss auch erwähnen, dass die Dämpfung eines Niederdruckreifens nicht mit einer richtigen (Voll-) Federung vergleichbar ist, zumal man auch erst etwas mit dem Luftdruck experimentieren muss um den für sich individuell zur Fahrsituation passenden richtigen Reifendruck zu finden.

Hat man sich aber mal an das Handling gewöhnt, dann fährt es sich fast so agil wie ein reguläres MTB, plus, durch den vergrößerten „Footprint“ und den dadurch erzeugten „Float“ sind z.B. grobschottrige Abfahrten oder aufgeweichte Trails fast so easy zu fahren wie gesplittete Wege, man bügelt einfach mit roher Gewalt drüber!

Aber das Allerbeste: es macht einfach Spaß!

Fatbike – für mich auf jeden Fall eine Option auf ein „All-in-One“-Bike. Einziger Wermutstropfen: Fatbikes und -teile sind noch relativ teuer.

Günstige Alternativen

Teuer sind sie, ja. Andererseits fallen die Preise für Einsteiger- oder Spassbikes nahezu ins Bodenlose, für unter 400 Euro wie hier oder etwas mehr wie hier muss man nicht lang überlegen ob man sich den Spass gönnen kann.

Natürlich sind diese Bikes nicht mit einem doppelt oder dreifach so teuren Bike zu vergleichen, aber sind auf jedenfall eine günstige Alternative auf Fatbike-Spass. Eine andere Sache ist das relativ hohe Gewicht, das den günstigeren Komponenten geschuldet ist. Hier kann mit 1×9-Setups (funktioniert natürlich auch mit 8- oder 7-Gang Kassetten/Schaltungen), leichteren Schläuchen und Felgenbändern (Schwalbe hier und Surly hier) oder gar Tubeless-Setups mit wenig Investionen viel Gewicht gespart werden.

13 Kommentare zu „Drei Monate Fatbike-Besitzer – so sieht’s aus“

  1. Hallo!
    Dieser Artikel ist sehr interessant für mich! Hab am vergangenen Samstag ein FatBike Scott Big Jon bestellt und erwarte jetzt das Bike wie ein kleines Kind Weihnachten!
    Zum Spaß ist das richtige Argument für so ein Bike das in der Tat so viel Sinn macht wie ein SUV.
    Auf deine Seite kam ich bei meiner Recherche zu Tubeless beim FatBike. Bin seit langer Zeit überzeugter Tubeless Fahrer bei meinem MTB und will auch beim FatBike gleich umrüsten.
    Happy Trails, Tom

  2. Hallo!
    Hab jetzt meine erste FatBike Tour hinter mir!
    Mein erster Eindruck hab ich in meinem Blog so beschrieben:
    ############
    Zum Biken mit dem FatBike: Die fetten Reifen sind sehr komfortabel, können aber kein Fully ersetzen. Man muss als Fahrer wieder aktiver auf dem Bike sein als mit dem Fully. Rollen tut es sehr gut. Beschleunigen geht halt etwas träger, aber das ist nix Neues, das wusste ich schon vorher. Durch die einfache Technik ohne Federung, Lager und Gelenke auf jeden Fall ein gutes SchlechtwetterBike. Wegen dem FlummyEffekt der Reifen muss ich noch mit dem Luftdruck experimentieren! 0,5bar sind noch etwas zu viel. Mehr kann ich nach den ersten 30km jetzt nicht berichten.
    Für Just4Fun find ichs auf jeden Fall schonmal geil!
    ###########
    Das deckt sich ja ziemlich – soweit ich nach der ersten Tour mitreden kann – mit dem was du schreibst.
    Das Wort Lustkauf in deinem ersten Absatz deckt auch genau meine „Argumente“! ☺
    Kann mir sehr gut vorstellen dass das FatBike viel mehr zum Einsatz kommt als das 29er Fully.
    Heute Abend gibt’s den ersten FatBike Nightride!
    Happy Trails, Tom

  3. Hallo zusammen,

    Danke für Eure Berichte! Das „beruhigt“ mich etwas und macht Lust auf mehr. Ich habe mir Freitag ein Cube Nutrail (gibt´s nur mit Federgabel) bestellt und warte nun auf die Versandmitteilung. Am Wochenende habe ich auch diese „musste das wirklich sein?“ Gefühls-Tour durchgemacht, aber nach den beiden Berichten denke ich nun: „Ja, musste es!“ 🙂

    Ich wohne direkt am Wald, ca. 300 Meter über dem Rheintal, daher viel meine Wahl auf ein Fatty. Außerdem wollte ich etwas aktiver sein, da auf jeden Fall etwas Gewicht von mir runter muss.

    Was ich so gelesen habe, stimmt mich zuversichtlich. Bin echt gespannt!!!

    Viele Grüße

    Rolf

    1. Hallo ihr FatBiker!
      Ich hab mein FatBike nun knapp 4 Monate. Ein Scott Big Jon. Das Bike hat mittlerweile XT Bremsen und ist auf 1-Fach mit Race Face Cinch Kurbel umgerüstet. Es macht mir soviel Spaß dass ich seitdem nur einmal mit meinem 29er Fullie gefahren bin.
      Im Juni fahre ich den Dolomiti Stoneman Trail! Mit dem FatBike❗️?
      Mehr muss ich ja nicht sagen❗️?
      Happy FAT Trails, Tom

  4. Stoneman Trail – musste ich erst mal googln – gibt ja so vieles heutzutage … 😉

    Sieht aber spannend aus – viel Spass schon mal, ich denke, ich werde dieses Jahr auch was in den Alpen machen…

    Bremsentechnisch hatte ich mir auch schon überlegt auf SLX umzurüsten wegen, siehe aktuellen Post zu mechanischen Avid Bremsen, na mal sehen.

    Was genau fährst du 1x – ich nehm an 1×11 oder ne 10-fach Bastellösung? Gibt ja aus marktpolitischen Gründen (noch) keine 10-fach Kassetten mit mehr als 36er Ritzeln zu kaufen …

    1. Ich hab alles vom Fullie (außer Kurbel) zum experimentieren am FatBike verbaut. Auch die XT Bremse ist von dort. Steht ja eh nur rum im Moment.
      Ja es handelt sich um eine 10fach Bastellösung mit 41er Trickstuff Versägeblatt. Kettenblätter hab ich 30er und 26er zur Auwahl. 30er finde ich persönlich ganz gut. In den Alpen fahre ich wohl das 26er. Deshalb wollte ich, wie auch schon beim 29er, eine Direct Mount Kurbel zum relativ schnellen und einfachen wechseln des Kettenblattes.
      Im letztjährigen Gardasee Urlaub kam ich mit dem Teentyniner mit 30er Kettenblatt und hinten 41-11 gut zurecht. Mit einem Kettenblatt <30 Zähne wird es schnell knapp mit dem Speed in der Ebene. Deshalb will ich unter 30 Z. nur bei Alpentouren o. ä.

      Ist ein tolles Abendfüllendes Thema.

      Happy Trails!

  5. Das Big Jon hatte ich auch im Auge. Hatte ursprünglich das Haibike Fatcurve 6.10 (2015) bestellt. Es war das letzte und kurz vor dem Versand ist ein Kratzer und eine Delle im Rahmen aufgefallen, daher habe ich Abstand von der Bestellung genommen. Auf das Nutrail habe ich dann 150,- € Nachlass und noch ein paar Pedale dazubekommen, daher fiel der Deal dann auf das Cube.

    Stoneman Trail – hab auch gerade geschaut… Wow! Auch, wenn er perfekt zu meinem Nachnamen passt, brauche ich wohl noch einige Zeit, bis ich mich an sowas heranwagen kann. Derzeit bin ich schon quasi aus der Puste, wenn ich mein Faltrad knappe 60 Stufen am Bahnhof hochschleppen muss… 😉

    Dann drücke ich Dir die Daumen, Tom! Ich denke, mit dem Fatty könntest Du da den einen oder anderen Vorteil haben…

  6. Mahlzeit!

    So, am Dienstag Abend erwartete mich ein großer Karton zu Hause und nach ein paar Handgriffen konnte ich auch gleich die erste Proberunde drehen. Ich hatte meinen Sohn (8 Jahre – auch Fatbike) dabei, daher ging es erstmal sehr langsam durch doch ziemlich ruppiges Gelände und im Anschluss durch den Wald (Schotterweg) bergauf wieder nach Hause.

    Was soll ich sagen? Ist das geil 🙂 Selbst die Furchen, die ein Trecker oder Waldfahrzeug mal auf matschigem Untergund hinterlassen haben muss, werden problemlos weggebügelt. Der Grip bergauf ist der Wahnsinn! Auf dem Schotter hört es sich manchmal an, als hätte man einen fetten Luftballon unter sich, der gleich platzt, aber alles gut.

    Mittwoch haben wir gleich die nächste Runde gedreht (nur über Waldwege) und gestern bin die gleiche Tour noch mal alleine los – jeweils nur ca. 30 Minuten, aber den Spaß habe ich vor dem Dunkelwerden noch gegönnt. Das erste Ehepaar hat auch schon die „Landung der Aliens“ mit offenem Mund bestaunt – lustig 🙂

    Auf Asphalt fährt es sich auch super. Leicht erhöhter Rollwiderstand, aber eine Tour würde ich mir damit locker zutrauen. Zügig cruisen ja, aber keine Km „ballern“. Dafür ist es ja auch nicht gemacht.

    Ich habe mir schon eine Runde ausgeguckt, die ich in Kürze angehen will. Ca. 30 Km, hauptsächlich durchs Gelände – auch der etwas groberen Art – mit z.T. „getretenen“ Wanderwegen. Bin gespannt und freu mich drauf!

    Das hat sich auf jeden Fall gelohnt und ich denke, dass ich viel unterwegs sein werde in der nächsten Zeit und an meinen Kilos arbeiten kann, und sei es nur diese ca. 30 Minuten-Runden…

    Fazit: Alles richtig gemacht!

    In diesem Sinne, Fat-es Wochende Euch

  7. Bin zufälig hier gelandet und muss da meinen Senf hinzugeben. Habe ein Fatty von Rose (Tusker) gebraucht gekauft und seitdem steht mein Cube verlassen in der Garage. Bin von dieser Fahrzeugklasse so begeistert, vor allem div Komponenten. Vor allem Shimano XT Scheibenbremse BR-M8000 mit Ice Tec Scheiben sind das Non Plus Ultra bei der Abfahrt. Es rollt auch auf Schwalbe Jumbo Jim (geringster Rollwiderstand/ leichtester Fatbike Reifen) und ist vorn 1Fach mit einem 30er Narrow Wide von Race Face und hinten 10 Fach XT 11_42 Z bestückt. Da ich nicht der größte bin ist die Geometrie und der niedrige Rahmen perfekt für mich. Bei einer kleinen Bergtour hat es mir zum ersten Mal gezeigt wozu wir beide fähig sind. Ich bin derart infiziert das ich heute sage, nie wieder ohne Fatbike! Habe mir sogar ein Lastenfatbike aufgebaut, wo jedem die Klappe runterfällt der es zum ersten mal sieht.
    https://i.pinimg.com/originals/19/1d/1e/191d1eb7c5ff31768404d15241f8f5f4.jpg
    Es freut mich wenn ich sehe wie andere User genauso über die reine Vernunft hinaus ein Fatbike heiraten und always Happy sind. Und wenn sie nicht gestorben sind dann rollen sie weiter auf fetten Walzen durch die Welt!

  8. Ja, bin auch Fatbike-Besitzer seit letztem Herbst (2017) (Scott Big Ed), hab gedacht: Ich teste das mal, geht ja im Schnee, wenn’s nix ist, verkauf ich’s wieder. War auch ein Schnäppchen, also Risiko gering.
    1.) Es ging nicht im Schnee mit den aufmontierten Kenda Juggernauts. Meiner Ansicht kannst Du Fat im Schnee nur dann fahren, wenn der Schnee bereits planiert ist oder jedenfalls nicht 20 cm hoch steht, wie oft hier im Schwarzwald. — Bin für gegenteilige Statements offen, will dann aber gute Argumente haben. Wenn du fährst, musst du ja den Schnee, der noch so plusterig herumliegt, runterdrücken, um darüberfahren zu können. D.h. du fährst permanent gegen Widerstand an. Single Trails, wo keine Leute gegangen und den Schnee plattgetrampelt haben, kannst gleich ganz vergessen. Fast noch schlimmer sind Single Trails, auf denen Leute schon eine 30 cm. tiefe Spur gemacht haben … Man eiert ja schon ein bisschen, wenn’s bergauf geht, und fährt dann andauernd gegen die Schneewände von 20-30 cm. Habe Minimum die doppelte Zeit gebraucht wie normal — dann hätte ich auch gehen oder Skilanglauf machen können (hab ich dann auch gemacht).
    Der Kenda Juggernaut 4,4″, mit dem das Big Ed kommt, ist auch ein so übler Reifen, zumindest mit Schlauch, dass man tatsächlich auch auf der Straße beim Rollen auf leichter bergab-Neigung LANGSAMER wird!!! Ein Kumpel hat mir dann gebrauchte JumboJims 4,0″ verkauft — und das war’s.
    Läuft super, auch auf Straße, aber besonders im Gelände, es ist eine Freude. Demnächst mach ich es tubeless, dann ist es wahrscheinlich noch leichter. Denn je geringer der Luftdruck (deutlich unter 1bar) umso mehr walkt der Schlauch gegen den Mantel und verbraucht Energie.
    Man wird natürlich immer mal wieder verspottet von den vielen High-Tech-Mountainbikern, die richtig gut sind, Sprünge können, ambitioniert und jung sind. Neulich sagte einer von denen, auf mein Fatty deutend: „Du hast ja auch so ne kleine Bergziege dabei!“, mit quittierendem Geschmunzel von den anderen, aber ich hab dann erklärt, versteh schon was du meinst, aber mir reicht mein Fatty völlig, denn es ist:
    1.) Super fehlerverzeihend. — Du bist nicht der Schnellste im Rennen, du fährst eh keine Rennen. Schnell bist du aber trotzdem. _Und_ du hast keinen Stress beim Fahren. Als ich vor zwei Jahren mein erstes MTB, ein ’normales‘ 26″ (ganz leicht, auch von Scott) gekauft hab, fand ich: MTB Single Trail bergab fahren ist wie eins dieser frühen Videospiele, wo du auf ner Straße bist und dann kommt links z.B. so ein Klötzchen auf dich zu und du musst nach rechts hopsen, um dem auszuweichen, und dann kommt es rechts und du musst wieder ausweichen, ihr wisst, was ich meine: Du musst die ganze Zeit auf den Weg achten, wie du fährst, damit du mit dem Vorderrad nicht abrutschst, damit du den richtigen Weg durch die Steine nimmst, die vor dir liegen etc. Mit dem Fatty ist das nicht so. Du fährst einfach drüber. Das ist fast wie ein Senioren-Fahrrad, das Fatty. Herrlich. Ich war neulich mit meiner Freundin unterwegs, sie das erste Mal auf einem (meinem alten 26er) MTB, ich auf dem Fatty. Sie total unsicher, wackelte hin und her auf dem Trail, fand auch den dünnen Pfad am Hang gruselig, etc. Bis ich auf die Idee kam, mal die Fahrräder zu tauschen — auf dem Fatty fand sie’s super. Und ich auf dem kleinen 26er ebenfalls ziemlich unruhig — auch durch das Leichtgewicht. Mit dem kleinen kannst (musst) du halt sehr präzise fahren — mit dem Fatty nicht.
    2.) Der Grip ist cool, sowohl bergauf als auch bergab. 2a) Bergauf: Ich erinnere mich, dass das Hinterrad bei dem kleinen 26er in leichten Gängen an der Steigung immer mal wieder durchgedreht ist und ich dann stand, absteigen und schieben musste, biss ich wieder aufsteigen konnte. Beim Fatty hast du viel mehr Reibung, mehr Haftung, das Rad dreht viel seltener durch, du kannst dich viel besser mit dem Gewicht auf die Pedale stellen — und Strecke machen, statt das Hinterrad durchzudrehen. Dadurch kommst du Steigungen mit Wurzeln und Steinen hoch, die du sonst nicht hochgekommen wärst — u.a. weil du eben wackeln darfst und nicht super präzise fahren musst, sondern zur Not auch einfach drüberfährst, wo du sonst ausgewichen wärst. — 2b) Bergab. Ich fahre einigermaßen steiles Zeug, das ich mit dem kleinen 26er nicht mehr gefahren wäre. Ich hab keinen Bock, mich auf die Nase zu legen, ich bin nicht mehr der Jüngste, möchte gar keine Stürze mehr, noch nicht mal welche riskieren, weil bei mir schneller was kaputt geht als bei jungen und noch biegsamen Leuten. Aber das Fatty liegt ruhig, das bisschen mehr Behäbigkeit vermittelt (Spur-)Sicherheit, Weichheit, Laufruhe. I’m lovin‘ it.
    3) Gewicht. Ich mach nichts, wofür ich 20 und mehr cm Federweg bräuchte. Wenn du das gerne möchtest, ist ein Fatty nix für dich. Dann brauchst du ein Fully. Aber diese Federgabeln wiegen! (und kosten!) Gewichtsmäßig bist du mit nem Fully ungefähr auf Fatty-Niveau. Einige schreiben sogar, ihr Fatty sei leichter als ihr Fully. Also entscheiden: Bike-Park, Rennen, Sprünge, Präzision etc.: Fully. Cool auf den Singletrails herumfahren und die Natur genießen: Fatty.
    Ja, der Typ, der mein Fahrrad ‚kleine Bergziege‘ genannt hatte, hat dann nicht mehr so viel gesagt, als ich mit seiner Gruppe (zwei richtig gute und zwei, die ganz ok waren) auf dem Canadian Trail in Freiburg mitgehalten hab. Die beiden Superfahrer haben mich natürlich immer wieder überholt, und es war beeindruckend zu sehen, was die konnten, ich bin natürlich immer die leichtesten Wege ohne Sprünge etc. gefahren, aber insgesamt waren wir ungefähr gleich schnell. Mit dem kleinen 26er wäre ich das nicht gefahren.
    4) Verbesserungen:
    a) Ich würde lieber einen Carbon-Rahmen haben (bissi leichter als Alu) und ungefedert.
    b) Und ich suche immer noch nach einem Allrounder-Reifen, der unter 1kg wiegt und so ne Art Mittelsteg hat. Der Schwalbe JJ ist schon gut, aber auf Straßen mag ich damit nicht gerne fahren. Sobald es allerdings geröllig oder grasig oder steinig wird, bin ich höchst zufrieden. Mehr als 4 Zoll ist glaub ich auch nicht wirklich gut als Allrounder. Ich finde diese breiten Reifen toll, ein nächstes Fahrrad hätte auf jeden Fall auch breite Reifen. Es gibt ja eine Zwischengröße, 27,5″ mit plus Bereifung, die haben glaub ich 3,5″, das könnte auch schon was sein. Aber wenn man im Gelände unterwegs sein will und 2,2″ Reifen angeboten bekommt, dann ist das m.E. zu wenig. Warum haben Traktoren so fette Reifen? Weil sie im Gelände möglichst überall durchkommen wollen. Deswegen sieht man sie auch selten (und dann nur sehr langsam) auf Straßen. Ich bin in der glücklichen Lage, die 40km, die ich zur Arbeit pendle, an einem Tag der Woche auch mit dem Fatty fahren zu können. 80km Gesamtstrecke in inzwischen 7 Stunden mit geschätzten 1500 Höhenmetern durch den Schwarzwald — ein Luxus auf dem Fatty.
    Ja, ich hoffe, dass ich ein bisschen dazu beitragen konnte, über die Fatties, die ca 2014 in die Mode und dann leider ganz schnell wieder außer Mode gekommen sind, beizutragen.

  9. noch kurz zum Wunsch: Carbon-Rahmen und ungefedert: Der 4,0-Reifen federt bei 0,7 bar für mich ausreichend. Wie gesagt, ich mach nichts, wozu ich 20 cm Federweg bräuchte. Ich merke den Unterschied kaum, wenn ich die Federgabel öffne oder blockiere –also brauch ich sie auch nicht.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert